Eine ganz spannende Sammlung an figuralen Bierkrügen hatte ich diesmal in der Sendung mit. Ein Bierkrug in Rettichform – eine skurrile Art der Gestaltung, meinte Martin. Der Rettich schaut grantig, weil der Wirt sagt “es ist jetzt gleich die letzte Runde!”, es gibt auch eine grinsende Version, für die Zeit davor.
1492 ist Amerika entdeckt worden, aber noch viel wichtiger: in dem Jahr wurde die Stiegl Brauerei gegründet. Als waschechter Salzburger wusste das Martin natürlich.
Es ist verbrieft, dass es 3000 vor Christus Bier gab. Man weiß ja auch aus Asterix, dass die lauwarme Cerveza aus Hörnern getrunken wurde. Das gestalterische Moment begann aber dann erst im 16. Jahrhundert und Renaissance Künstler haben aus den Bierkrügen wunderbare Kunstwerke gemacht.
Von damaligen Fürsten und Konsorten wurde beschlossen, dass jeder Krug einen Deckel braucht, um die Pestviren, Mücken, Wespen, Bienen und sonstige Insekten von dem flüssigen Gold fernzuhalten.
Das älteste Modell, das ich mitgebracht hatte, stammte von einem Schützenverein – als Motiv eine neckisch dreinschauende Dame, die eine Zielscheibe am Haupt als Deckel trug.
Jeder Krug hat eine Bedeutung. Servicekraft waren damals immer die Frauen, nach dem Wettbewerb gab es ein gutes Bier aus dem Krug – eben in Gestalt einer Servierdame. Man entdeckt wenn man genau hinsieht versteckte Geschichten – oder den verdeckten Trinker – auf einem Krug am unteren Rand zog sich versteckt rundherum ein Schriftzug “Wenn man beim Hofbräuhaus bleibt und nicht mischt, hat man am nächsten Tag keine Kater”, ergo der Kater als figurale symbolische Repräsentation.
Tierisch ging es generell zu: Kater, Frosch (aus einer Gilde der Zoologen eventuell), Affe als Figuren auf den Krügen – frei nach Tante Jolesch “alles was schöner ist als ein Aff’, ist ein Luxus” .
Leidenschaftlich fanatische Sammler:innen sind vor allem die Amerikaner. Historisch gesehen sind sie nicht berühmt für ihr gutes Bier (heutzutage gibt es aber eine spannende Bierkultur und viele großartige Microbreweries), sondern eher der süddeutsche Raum, vielleicht haben sie genau deshalb ein Faible für diese Objekte mit Geschichte entwickelt.
Wertigkeiten dieser Bierkrugsammlung lagen wir beim billigsten Stück bei 100 Euro bis zum teuersten Krug von einem Wert von einem runden Tausender.
Nürnberger Trichter – die Weisheit wird sozusagen in den Kopf hineingetrichtert – die philosophische Weisheit nimmt exponentiell mit steigendem Bierkonsum zu.
Beendet wurde die figuralen Bierkrug-Ästhetik-Periode Ende der 1920er Jahre, da es dann mehr um Schlichtheit und weniger um die Gestaltung ging.
Am Ende musste ich natürlich noch anmerken, dass “Bierkrug”, in der alten Übersetzung, die auch heute noch zum Einsatz kommt, im US-amerikanischen Raum mit “stein” übersetzt wird. Nomen est omen!
Eine ganz spannende Sendung war das wieder gestern – diesmal hab ich mal wieder mit Norbert Oberhauser ein grandios spannendes Thema besprochen: den Vorläufer der Vinylschallplatte – die Schellackplatte!
Norbert wollte gleich, als er die Musik am Anfang meines Sendungsbeitrages vernahm, das Tanzbein mit einem Slow Foxtrott schwingen. Die wunderbare Verena Scheitz wurde auch gleich von der Musik verleitet, wie man im nachstehenden Screenshot sieht.
Damit haben Urgroßmutter und Urgroßvater Musik gehört. Das hat mich dann gleich in Erinnerungen schwelgen lassen, an den wunderbaren Moment als ich mit dem unglaublichen Schellacksammler und Produzent Willi Schlager zusammengesessen bin, um mir diese Gustostücke für die Sendung auszusuchen. Daraus ist eine richtige Session geworden, in der wir uns eine Platte nach der anderen angehört haben. Man sollte auf jeden Fall die Stahlnadel nach jeder Schellack wechseln, um sie gut erhalten zu können.
Aber wie es so schön heißt – wer hat’s erfunden? (Nein, nicht Rucola in diesem Fall): Ein Deutscher aus Hannover namens Emil Berliner (später nach USA ausgewandert) hatte einen neuen Tonträger patentieren lassen – die Schallplatte –
ein Naturprodukt, das aus (den Ausscheidungen) der Lackschildlaus entstand (von 1895 bis um 1961) – Schellack, das tonnenweise in Südostasien produziert werden konnte. Im Oktober 1896 gab der Erfinder die Verwendung von Hartgummi als Plattenmaterial auf und ersetzte die Substanz durch eine hergestellte Pressmasse, die im Wesentlichen ausSchellack als Bindemittel bestand und ursprünglich für Isolatoren entwickelt worden war.
Im Privatbereich, ohne selbst instrumentalisieren zu müssen, war diese Erfindung natürlich eine unglaubliche Möglichkeit Tonträger anzuhören.
Meine Großmutter hat Schlager gesungen in den 1930er Jahren – es hat davon auch Schellacks gegeben, die dann leider alle im Weltkrieg zerstört worden sind.
Die großen Stars waren Zarah Leander oder Marlene Dietrich und Opernstars wie Caruso oder Maria Callas.
Vinyl-Schallplatten, bei denen die anderen Vorteile des Materials, dass es geringere Abspieldrehzahlen und dadurch eine längere Spieldauer ermöglicht (33 U/min), ausgeschöpft wurden, gab es bis 1948 nur im Rundfunkeinsatz sowie als Test- und Demopressungen. Erst dann wurden auch Vinyl-Schallplatten mit Mikrorille und geeignete Abspielgeräte für den Einsatz zu Hause herausgebracht.
Schellackplatten wurden bis in die frühen und in der sogenannten Dritten Welt noch bis in die späten 1960er Jahre hergestellt. Die letzten Platten wurden angeblich 1972 in Südafrika gepresst. Noch bis in die frühen 1980er Jahre waren fast alle Plattenspieler mit der Geschwindigkeitseinstellung von 78 U/minausgerüstet, ließen sich mit Nadeln für Schellackplatten verwenden und waren demnach auch für dieses für Plattenformat passend.
Ich sprach auch über technische, wie eben genannte Details, so wie charakteristische Merkmale, aber auch über die sehr rührige Geschichte des Hundes, welcher der Stimme des Herrchens lauscht – alias – his master’s voice, die zu einem riesigen Marketingerfolg wurde. Wir alle kennen das berühmte Image, wo der Hund vor dem Grammophon sitzt. Der Name und das dazugehörige Logo gehen auf den Maler Francis Barraud zurück, der 1898 seinen Hund Nipper beim Lauschen eines Edison-Phonographen porträtiert hatte.
Die Platten sind teilweise millionenfach erzeugt worden. Glenn Miller Swing oder Jazz wurden nicht in so großer Stückzahl produziert, wie Opernplatten – wie wir schon wissen, je seltener desto besser, desto wertvoller.
Den Klassiker „Mister Sandman“ haben wir uns dann noch angehört, ohne vorherigen Nadelwechsel, aber das wurde mir hoffentlich verziehen, denn die Zeit war knapp bemessen – diesen Musikgenuss konnten Norbert und ich den Zuseher:innen einfach nicht vorenthalten!
Vielen Dank an den Leihgeber Willi Schlager!
https://www.stein.wien/wp-content/uploads/280470128_751663886215462_9118432768193050552_n.jpg11702046Katrinhttps://www.stein.wien/wp-content/uploads/logo-christof-stein-wien.pngKatrin2022-05-27 17:05:552022-05-28 12:21:44Studio 2 - Experte Christof Stein spricht über: Der Vorläufer der Vinylschallplatte
Die Intro machte Birgit mit “Christof Stein hat wieder ein paar Raritäten für uns mitgebracht, die mehr können als nur die Zeit anzuzeigen!”
Begonnen habe ich diesmal mit einem heutzutage als sehr kontrovers einzustufenden Statement. Die Küchenuhr und auch die Armbanduhr wurden ursprünglich für die Frau erfunden, damit das Essen für den Herren des Hauses zeitgerecht am Tisch stand. Das konnte Birgit natürlich nicht so stehenlassen und meinte, dass dies kein sehr emanzipatorischer Akt gewesen wäre und man wenigstens die Hausfrau als “Managerin des Hauses” betiteln sollte.
So oder so haben sich die Zeiten gottseidank geändert und nun bringt die Küchenuhr nostalgischen Vintage-Flair in Single und Familienhaushalte.
Aber wie hat das Ganze nun angefangen? Im Grunde mit den Wanduhren, die es seit dem 19. Jahrhundert gibt, allerdings mit aufwendigeren Uhrwerken, welche dann für die Küchenuhren einfacher gemacht wurden.
Die Küchenuhr hatte nun, wie schon erwähnt, schon im 19. Jahrhundert ihre Funktion, als Back- und Kochhilfe.
Ursprünglich mit Holzgehäuse, was in der Küche nicht so praktisch war, da durch das Kochen das Holz leiden würde begann aber der richtige Siegeszug quer durch alle Küchen mit dem Gehäuse aus Keramik.
Als Dekor fungierte anfänglich, was man in der Küche hatte, also beispielsweise ein Suppenteller, in den man ein Loch hinein gemacht und ein einfaches Uhrwerk angebracht hat, meistens mit einem Pendel, einfaches Blechwerk. Mit einem Generalschlüssel für Uhren kann man diese aufziehen.
Die ältesten Modelle, die ich mit hatte, wunderbare Sammlerstücke, waren aus circa 1910, also relativ zum Beginn des Zeitalters der ersten Küchenuhren.
Nun zu den Herstellern – Wilhelmsburg in Niederösterreich galt nahezu als Weltmarktführer. Alle Uhrenmanufakturen haben das Gehäuse aus Keramik, das Schild, das Zifferblatt dort bestellt, aus zolltechnischen Gründen haben dann einige eine Niederlassung dort oder dann in Wien gegründet.
Entzückendes Detail am Rande – alle Uhren haben immer einen eigenen Namen bekommen, ein meiner älteren Darstellungsobjekte war die Uhr “Habsburg”
Bei der Oma oder bei der Köchin in der Küche war dann auch der Platz, wo die Kinder die Uhrzeit lesen gelernt haben, frei nach Paulchen Panthers Motto „wer hat an der Uhr gedreht” …
Als Zusatzfunktion gab es manchmal eine Art Wecker, um die optimale Backzeit für den Apfelstrudel oder Marmorkuchen zu stellen.
Die Uhrenmarke Junghans war dabei der Big Player und auch in gestalterischen Fragen ein Vorreiter.Ein wichtiger Küchenuhr Designer für Junghans war Max Bill, der als Künstler bei Kandinsky gelernt und auch in der Politik mitgewirkt hat. Er hat verfolgte Personen, die untertauchen mussten, bei sich aufgenommen. Später war er auch Professor an der Ulmner Hochschule. Das Design seiner Küchenuhr (in Zusammenarbeit mit Ernst Möckl) erfüllte, und das ist auf den ersten Blick sichtbar, alle qualitativen Voraussetzungen, die funktionalistisches Design seit dem Bauhaus einforderte. Bills Uhren sind durch die Bank schlicht und elegant sowie zeitlos in ihrem Design, ein Attribut, das in Zusammenhang mit dem Thema Uhren einen ganz besonderen Wortwitz durchschimmern lässt.
Bill, der für unzählige Armbanduhr-Entwürfe von Junghans verantwortlich zeichnet, ließ auch bei seiner Küchenuhr die gewohnte formensprachliche Sorgfalt walten. Die Uhr misst 180 Millimeter an der breitesten Stelle, streckt sich 252 Millimeter in die Höhe. Das Gehäuse aus Keramik ist hellblau glasiert, die Lünette verchromt. Unter der eigentlichen Uhr ist ein Kurzzeitmesser angebracht, der auf maximal 60 Minuten einzustellen ist. Damit man weiß, wann der Kuchen fertig ist.
Dieses Küchenuhrenzifferblatt sollte der Ausgangspunkt für alle weiteren Max-Bill-Uhren sein. Die Skala des Kurzzeitmessers lehnt sich an das Zifferblatt an und ist ebenso übersichtlich. Als kleinerer Kreis ist der Kurzzeitmesser unter dem Kreis des Hauptzifferblatts angeordnet. Die äußere Form der Küchenuhr scheint sich direkt aus dieser Anordnung zu ergeben; sie umfasst ganz einfach die beiden Kreise – was mit einleuchtender Logik zu einer Tropfenform führt. Gleichzeitig fügt sich diese Tropfenform nahtlos ins Formenspektrum der fünfziger Jahre mit ihren Nierentischen und stromlinienförmigen Haushaltsgeräten. Auch das Himmelblau des Uhrengehäuses passt in ein Jahrzehnt, das nach der Tristesse des Krieges in Pastellfarben schwelgte.
Zwei Varianten gibt es von seiner Uhr – die Variante ohne Wecker liegt bei einer Wertigkeit von 200 bis 300 Euro. Die Originaluhren mit Wecker als Zusatzfunktion liegen dann schon bei einer Wertigkeit von 600 – 800 Euro.
Jetzt gibt es wieder Neuauflagen, auch hier wieder der Trend von Digitalen zum Analogen, die nostalgische Wiederentdeckung der Langsamkeit, der Simplizität, des Überschaubaren.
Sogar mit Sekundenzeiger war ein besonderes Modell versehen, eher eine Rarität.
Objekte mit Geschichte von kleinen Uhrenmanufakturen wie Peter, Kienzle oder der deutsch-amerikanischen Uhrengesellschaft zeigte ich auch in meinem Sendungsbeitrag!
Das Innenleben einer Original Küchenuhr von damals hatte ich zur Veranschaulichung auch mit. Der Frevel, der leider heutzutage aus Faulheit begangen wird, ist es das aufziehbare Uhrwerk gegen ein batteriebetriebenes Plastikteil, wie man es vom ordinären analogen Wecker kennt, auszutauschen.
So ein Uhrwerk war ein wirkliches Kunstwerk, also eine wirkliche Schande es auszutauschen und natürlich muss man mit einem erheblichen Werteverlust rechnen, da nur noch die Vintage Optik bleibt.
Eine Küchenuhr, die ich mitgebracht hatte, war von knapp nach dem zweiten Weltkrieg und hatte ein ein Sieben-Tage-Werk, was bedeutete, dass man die Uhr alle sieben Tage aufziehen musste. Den Zeitgeist der Gestaltung konnte man auch immer wie die Zeit selbst ablesen.
Die Begeisterung der Sammler:innen hinsichtlich dem Wiederaufkommen von “old school” Küchenuhren ist einfach eine wunderbare Sache und trägt zur Re-integration dieser spannenden Objekte mit Geschichte in den Alltag bei.
Montag, 04.04.2022, ab 17:30 Uhr, Studio2//ORFThema diesmal: Historisches Ostern“Von wegen, es gibt nur Osterhasen – es gibt auch Osterenten!” meinte Moderator Martin Ferdiny zum Einstieg in meinen Sendungsbeitrag und zeigte auf eine Ostergrußkarte mit einer Ente als Motiv.Für die jüngeren Zuschauer:innen und jetzt Leser:innen – mit einem Augenzwinkern erklärte er, dies wären Papierzettel mit Grußbotschaften gewesen, eben auch zu Ostern – in der Pre-Internet und Pre-Smartphone Zeit ein gängiges Kommunikationsmittel.Zum unserem Osterfest habe ich eine Tradition vorgestellt, die schon seit Jahrhunderten gilt – die Grußpostkarte – ist sie doch vor allen anderen Postkarten, am Beginn gestanden. Ich hatte diesmal eine große Auswahl an historischen Osterpostkarten dabei, sowie auch etwas Osterschmuck aus früheren Zeiten.“Wann hast Du das letzte Mal eine Postkarte verschickt?” habe ich als nächstes Martin gefragt. Er meinte, es wäre schon ein Weilchen her. Gottseidank findet die jüngere Generation wieder Gefallen am Analogen – eine Wiederentdeckung der Langsamkeit in einer sich immer schneller bewegenden Gesellschaft.Erst mit dem Aufkommen des Mailverkehrs verblasste der Glanz der Postkarte, aber Sammler:innen dieser wunderbaren Nostalgie gibt es auf der ganzen Welt. Erst nach dem ersten Weltkrieg gab es mit der steigenden Zahl der Telefonanschlüsse weniger Postkarten. Im Zweiten Weltkrieg wiederum wurden Postkarten als Propaganda eingesetzt.
Grußpostkarten, nicht Ansichtskarten waren die allerersten dieser Kommunikationsform, genauer gesagt entstand im Jahr 1415 die erste händisch gestaltete Glückwunschkarte und wurde durch Diener übergeben. Die ältesten Postkarten sind somit die Grußkarten (Namenstag, Geburtstag, Weihnachten, Neujahr, Ostern, Hochzeiten, Pfingsten, & …) dann kamen erst die „normalen“ Postkarten, wie Feldpost, Künstlerpostkarten, u.a. In den 1770ern war das Grußkartenschreiben modern in gehobener Gesellschaft ( teilw. kolorierte Kupferstiche, (Chromo-)Lithographien)..
Eigentlich ein Kommunikationsmedium, die „Correspondenzkarte“, hatte eine erleichterte Mobilität durch die Eisenbahn und zuvor der Postkutsche. 1784 führte die privat betriebene kleine Post in Wien Karten mit offen versandten Mitteilungen ein. 1840 gab es in England die erste Briefmarke. Die Einführung der Postkarte fand um 1869 im österreich-ungarischen Kaiserreich (USA bereits 1861 – vorgegebenes Gewicht: 1 Unze) statt.
Anfangs hegte man noch Sorge um das Briefgeheimnis und dass durch kurz gehaltene Texte Sprachkultur verloren ginge (das ewige Dilemma, das kennen wir ja auch vom Aufkommen der SMS oder auch Email oder Social Media), aber die Postkarte erfreute sich großer Beliebtheit. Es war ein kurzer Zeitaufwand durch kurze Mitteilung, somit weniger als für einen aufwendigen Brief – und auch die Hälfte des Porto eines Briefes (bis 1500 Meilen = 1 Cent, darüber: 2 Cent) in Bezug auf die Kosten. Ähnlich dem Telegramm waren die Wörter anfänglich begrenzt.
Die wahrscheinlich älteste Postkarte hat bei einer Versteigerung im Jahr 2002 50.000 Euro erzielt, um Wertigkeiten einordnen zu können. Der Preisrekord zuvor war für eine Ansichtskarte der Titanic, erzielter Preis: 20.000 Pfund und für eine Feldpostkarte vom Boxeraufstand, erzielter Preis: 30.000 €. Hohe Preise erbringen auch Künstlerpostkarten, oder auch von der Wiener Werkstätte oder Bauhaus.
Sammler:innen haben ihre Schätze in Alben gesammelt oder auch in Blechboxen.
Ganze 20% der Postkarten wurden direkt von Sammlern gekauft – ohne je als Kommunikationsmedium gedient zu haben.
Zur kurzen Erklärung: eine gelaufene Postkarte, ist eine, die beschrieben worden ist -inkusive Briefmarke und Stempel. So eine Postkarte ist natürlich viel wertvoller als die rein grafischen unbeschriebenen, die meist eine hohe Auflage hatten.
In der Sendung hatte ich unter anderem eine nette holländische Sammlung mit, allerdings gab es natürlich im gesamten christlichen Europa Ostergrußkarten, teilweise mit Vergoldungen, immer sehr nett gestaltet.
Ab 1905 wurde dann das Postkartenformat festgelegt, auch was Tariffe betrifft.
Seltenheitswert und somit hohe Wertigkeit hatten Post- und Grußkarten die aus einer Region stammen, aus der wenig verschickt wurde generell – es wird von Sammler:innen also genau auf Poststempel und Briefmarke geschaut, die Jahreszeit kann auch interessant sein und gilt dann quasi als Stempel “Prädikat wertvoll”.
Oder aus einer Kriegsregion: wenn beispielsweise eine Region erobert wurde, es vielleicht nur 10 Stück Feldpostkarten verschickt wurden, bevor das Gebiet zurückerobert wurde, lässt das natürlich den Seltenheitswert explosionsartig in die Höhe schießen lässt.
Ich selbst verschicke noch gerne Karten. Der Überraschungseffekt wenn physisch etwas im Postkastl vorgefunden wird, ist einfach immer noch besser besser als das Summen des Smartphones.
Noch kurz zum historischen Osterschmuck – ich hatte eine Form mit, aus der man selbst Schokoladeosterhasen machen konnte. Die Freude ist auch heute umso größer, wenn es Handgemachtes gibt…schöner als wenn das typische Glockerl drauf ist, wo der Markt die jungen Kosument:innen darauf getrimmt hat, nur dies zu wollen. Weiters hatte ich in Seide umfasste, bemalte Eier mit, die mit einem unglaublicher Aufwand und nachhaltig produziert wurden und somit jedes Jahr wiederverwendet werden konnten.
Zum Abschluss: Das Osterfest ist ein Friedensfest und die Hoffnung bleibt uns, dass die Verantwortlichen für diesen Krieg zur Besinnung kommen.
Und ja, auch in Russland zählt das Osterfest am 24.4. zu den wichtigsten Friedensfesten der Orthodoxen Christen- eine gute Gelegenheit für die Zivilgesellschaft geschlossen dort aufzustehen und Frieden zu schaffen.
“Christof Stein sorgt für Stimmung hier im Studio2!” so startete Verena schwungvoll die Sendung – eine wunderbare Art und Weise mein Sendungssegment zu beginnen.
Prinzipiell geschichtlich interessant ist, dass 1948 die Frequenzen in Kopenhagen neu verteilt wurden – Österreich und Deutschland als Kriegsverlierer bekamen schlechte Frequenz-Bandbreiten. Daraufhin wurde in beiden Ländern das UKW, das neue Ultrakurzwellen Netz, ausgebaut, da ungünstige Frequenzen keine angemessene Versorgung der Rundfunkteilnehmer bedeuteten. Durch den Ausbau des UKW-Sendernetzes gab es störungsfreieren Empfang, verbesserte Dynamik.
Dann wurde 1952 das Transistorradio auf der Hannover Industriemesse vorgestellt das soviel wie ein Kleinwagen kostete – in Pressspanholz mit Nuß furniert – und das “magische Auge” der Röhrenempfänger wurde beibehalten. Dann gab es kurz darauf die erste deutsche Spezialfabrik für Kofferempfänger – Modell: „Akkord-Peggie“ mit 2 Transistoren (Reduktion) – 1959 kam das ostdeutsche Modell „Sternchen“ auf den Markt.
Der Siegeszug des Transistorradios fand in den 1950ern/60ern statt . Das kommerziell sehr erfolgreiche Kofferradio wurde durch sie langlebige Halbleitertechnik zum Symbol für Unabhängigkeit, für die Freiheit der Nachkriegsgeneration. Es wurde ein hoher Aufwand bei Gehäusedesign und Konstruktion aufgebracht und somit das hohe Qualitätsniveau gewährleistet.
Gut behandelte Exemplare funktionieren heute noch genauso gut wie in den 1960ern und liegen wie analoge Kameras voll im Trend. Die Jugend von heute entdeckt den Scharm des Analogen wieder und wendet sich ein wenig vom Digitalen ab.
Transistorradios brachten großen Fortschritt für die weltweite Kommunikation – durch massenhafte Herstellung, einfache und erschwingliche Stromversorgung. Ein Radio zu besitzen wurde normal und Teil des Alltags!
Der Leihgeber und Sammler Wolfgang Kremsner ist Vertreter für Industriebackmaschinen in China. Während der Coronakrise hat er es für sich entdeckt Transistorradios herzurichten, um seinen Kopf zu beschäftigen und hat dadurch einen beginnenden Trend mitausgelöst.
Ich hatte eine Selektion von unglaublich spannenden Radios aus seinem Depot mit.
Kassette und Radio Kombi von Grundig war so spannend, weil alle Teile damals von der Firma selbst produziert wurden, heutzutage kaum vorstellbar oder sogar umsetzbar. Max Grundig war ein schräger Vogel und wurde fast “entmündigt”, weil er nichts dem Zufall überlassen wollte.
Ein Kofferradio von Kapsch, Wiener Firma, war auch mit – die Firma gibt es heute noch.
Es gab eine Vorrichtung in verschiedenen Autos wie dem Horch (heute Audi), dem DKW oder auch in einer höheren Preisklasse dem VW Käfer – wo man dieses Radio einfach reinstecken konnte und somit ein Autoradio hatte.
Donauland Radio: wenn man ordentlich Bücher gekauft und somit Punkte gesammelt hat, erst dann durfte man dieses spezielle, wunderschön gearbeitete Gerät kaufen.
Das nächste Objekt mit Geschichte war der Luxus Boy von Grundig, Max Grundig hat alle seine Geräte benannt.
Das nächste Transistorradio ist mit einer Anekdote verknüpft: ORF Geschäftsführung Gerd Bacher hat Gustav Peichl (der damals die Studios in den Bundesländern designt hat) beauftragt ein eigenes Radio zu entwerfen, dieses gab es in verschiedenen Farben, sowohl im Büro als auch als Geschenk an diejenigen, welche die Rundfunkgebühren gezahlt haben – zumindest lautet so das Gerücht.
Und noch ein interessanter Aspekt: In einer Phase „sozialistischer Selbstjustiz“ ging das Urteil des Kreisgerichts Potsdam vom 15. Januar 1959 als „Kofferradio-Urteil“ in die Geschichte der jungen DDR ein: Ein Mann hatte auf seinem Transistorradio auf der Straße den „Westsender“ RIAS gehört, als ihn ein Passant aufforderte, auf einen DDR-Sender umzuschalten. Weil der Radiobesitzer dem Wunsch nicht nachkam, zerstörte der Passant das Gerät. Das Kreisgericht lehnte die Klage auf Schadensersatz ab, mit der Begründung: „Gemäß § 228 BGB handelt derjenige nicht widerrechtlich, der eine fremde Sache beschädigt oder zerstört, um damit eine durch die fremde Sache hervorgerufene drohende Gefahr von sich oder einem anderen abzuwenden. Nachweislich hat der Kläger das Kofferradio so laut spielen lassen, dass auch andere Passanten den Hetzkommentar des RIAS hören konnten. Er hat sich damit eine Verbreitung von Hetze gegen unseren Staat zuschulden kommen lassen.“
Bei der Wertigkeit sind wir bei 200 – 400 Euro (funktionstüchtig) – da hab ich Verena auch richtig Lust auf ein schönes Vintage Transistorradio gemacht!
“Es sind schon recht düstere Zeiten momentan, die wir durchleben – da kann ein wenig Licht nicht schaden!” – so lautete Norbert Oberhausers Intro. Ich hatte legendäre Lampen, Objekte mit Geschichte (auch verwoben mit meiner eigenen persönlichen Geschichte) mit.
Fun Fact: Der Fund eines Steins mit flach gewölbter Oberfläche und einer Brandspur (aus Edertal-Buhlen) aus dem Mittelpaläolithikum gilt weltweit als der älteste Fund einer Lampe. Prinzipiell kommt also die Idee der Beleuchtung aus der Steinzeit, aber ich habe die Sendung mit der Erfindung der Glühbirne 1879 begonnen. 1880 machte dann Thomas Alva Edison das Licht mithilfe eines Glühfadens aus japanischem Bambus kommerziell und für jeden zugänglich. Er war jedoch nicht der Einzige, der sich damals mit der Nutzbarkeit von elektrischem Licht auseinandergesetzt hat, er war jedoch derjenige der aufbauend auf den Untersuchungen seiner Vorgänger die Kommerzialisierung seiner Erfindung erfolgreich umsetzen konnte.
Die erste Lampe aus dem Jahr 1962 habe ich auf dem Grazer „Fetzenmarkt“ erstanden. Sie stand dort auf einem Tisch und als ich den Händler gefragt habe was sie kostet, kam die Antwort “200 Schilling”, was wirklich wenig war für dieses Designobjekt. Nach Vertiefung des Gesprächs hat sich dann herausgestellt, dass der Verkäufer noch ungefähr weitere 200 Stück in Wien hatte. Der geringe Preis war der Tatsache geschuldet, dass es sich um einen Produktionsfehler handelte. Die Lampen hätten in Europa unter dem Namen „Panasonic“ und nicht „National“ vertrieben werden sollen.
Wir haben dann damals von der Stadt Wien eine riesige Plakatwand zur Verfügung gestellt bekommen und einen Kulissenmaler beauftragt den Weltraum auf diese Wand zu malen. Daraufhin haben wir dann die Lampen montiert und zum Sonnenuntergang die Wand damit erleuchtet – wir hatten wirklich viel Spaß mit diesem sogenannten “Produktionsfehler”.
Funktionstüchtig ist sie auf jeden Fall noch, doch sie benötigt eine Neonröhre, die ja jetzt schwer zu bekommen ist (neben der Stromersparnis haben LED-Röhren halt auch viele Vorteile gegenüber der klassischen Neonröhre.)
Bei der zweiten Lampe meinte Norbert, dass er sie aus Filmen über die Wallstreet kenne – und da hatte er Recht! Sie war zumeist in Wallstreet Chefetagen zu sehen und war mit 1909 die älteste Lampe, die ich mithatte. Die Tischlampe “Bankers Lamp”, welche noch immer so qualitativ hochwertig nachgebaut wird wie damals. Der Lampenschirm wird in Handarbeit hergestellt und besteht aus 3-schichtigem mehrfarbigem Überfang-Glas. Außen eine Schicht aus smaragdgrünem Glas, in der Mitte aus klarem Glas und innen eine Schicht aus weißem Glas. Durch diesen Herstellungsprozess ist die Farbgebung jeder Tischlampe leicht unterschiedlich, sodass jede Leuchte ein echtes Unikat ist. Diese Lampe im Art Deco Stil – wie das Chrysler Building – einfach eine richtig amerikanische Bürolampe!
Die dritte Lampe hat Norbert am besten gefallen. Diese wurde von Wilhelm Wagenfeld, einem Bauhausschüler, entworfen und ist die berühmteste Tisch- und Kommodenlampe, die auch in jedem Designmuseum vorkommt und als absoluter Klassiker gilt. Im Original bei einer Auktion aus der Zeit (die Lampe wird ja heute noch hergestellt) kann sie schon ein Ergebnis zwischen 10.000 und 12.000 Euro bringen.
Das nächste Objekt mit Geschichte war ein Sistra Leuchter, 1933 entworfen, mit flaschengrünem Schirm. Diese Lampe bedeutet mir besonders viel, weil sie mal Kiki Kogelnik, Österreichs einzigem Pop Art Export, gehörte und auf ihrem Schreibtisch stand. Ich war damals bei der Auflösung ihrer Wiener Wohnung in der Wollzeile dabei und habe mir diese Lampe als Souvenir behalten, weil ich ein totaler Kogelnik Fan bin.
Die nächste Lampe, die ich vorstellte, wäre allen Kinofans bekannt, die das Pixar Logo kennen, meinte Norbert.
1932 patentierte George Carwardine, ein Automobilingenieur, der mit Aufhängungen arbeitete, eine neue Art von Schraubenfeder. Im Gegensatz zu gewöhnlichen Federn konnte sich diese ohne Beschädigung ausdehnen, zusammenziehen und in einer festen Position bleiben. Inspiriert von der menschlichen Armbeuge und dem Mechanismus, der hinter Anspannen, Entspannen steht. Für Architekten war die Lampe ein absolutes Muss, aber auch in Werkstätten, eben für alle die Feinarbeiten leisten.
Von 1931-1934 produzierte Carwardine die Lampe zunächst selbst in Bath, mit dem Namen Cardine Accessories Ltd, Diese gilt als die seltenste aller Anglepoises (so lautet der Name der Lampe). Später lizenzierte er das Design an Herbert Terry & Sons, einen Hersteller mit Sitz in Redditch, der perfekt für die Herstellung der Lampe geeignet war, da er bereits Federn an Carwardines Fabrik lieferte. Das Design wurde leicht angepasst und verbessert und in 1208 umbenannt.
Alles was später an Büro- und Arbeitsleuchten kam, war inspiriert von diesem Modell. Schön zu sehen auch die Patentnummer und Erzeugung auf der Lampe: “Made in England by Herbert Terry & Sons LTD Redditch”. Die Lampe war der Zeitgenossen von illustren Entwürfen wie der „Bestlite“ von Robert Dudley Best oder der Naska Loris“-Leuchte von Fontana Arte oder des Klassikers „Luxo L-1“ des norwegischen Designers Jac Jacobsen (diese ist die wirkliche Inspiration für die Pixar Logo Lampe).
Last but not least, die größte Lampe zum Schluss. Norbert meinte sie sähe wie eine klassische, aber überdimensionale Glühbirne aus. Dieses Objekt mit Geschichte war einer der Prototypen von Ingo Maurers Lampe BULB (die Lampe wird heute noch erzeugt), die 1966 in Wien präsentiert wurde. Mein Vater hat damals den Schauraum für ihn entworfen und als persönliches Geschenk hat er dann einen der Prototypen bekommen. Heute sind diese um die Hälfte leichter – damals wurde nämlich Opalinglas und Messing vernickelt verwendet. Um die 4000-5000 Euro würde dieses bestimmte Stück bei einer Auktion bringen, allerdings würde ich meine nie verkaufen, schon allein aus nostalgischen Gründen nicht.
Norbert fragte noch am Ende, welche Lampe nun die wertvollste wäre – Carwardines Prototyp in schwarz steht im Londoner Designmuseum und ist wie die Mona Lisa einfach nicht bewertbar, so unermesslich wertvoll ist sie.
Zum Abschluss hat Verena beim Übergang zum nächsten Sendungsbeitrag noch kokett gemeint, dass es nun um den “gutaussehende, charmante, höfliche, knallharte, konsequent und immer siegreich über das Böse” nicht Norbert, sondern Christof Stein gehen würde, aber nein es handelte sich dann doch um James Bond, den bekanntesten Geheimagenten … 😉
Thema diesmal: Street Art in Bezug auf Konflikte und Krieg
In meinem Sendungsbeitrag im Studio2 auf ORF am 15.3 habe ich über Street Art gesprochen. BREAKING NEWS Thema war das Anprangern des Krieges in der Ukraine durch Street Art Künstler:innen, so wie in der Ukraine selbst als auch in Russland, aber darüber hinaus natürlich auch auf internationaler Ebene – abseits der beiden Konfliktparteien.
Ich hatte Werke von Christian Eisenberger (Ö) und Dan Witz (USA) aus meiner eigenen Kunstsammlung mit, sowie Arbeiten von Shepard Fairey (USA), Teddy Eigelb/Exithamster (internationaler Erdenbürger, ursprünglich Ö), Vasilena Gankovska (Bulgarien, lebt und arbeitet in Wien), Faith47(Südafrika), FAILE(USA), Robbie Conal(USA), Emily Evans (UK), El Pez(Spanien), Zosen (Argentinien/lebt und arbeitet in Spanien) aus THE BATZ COLLECTION von Katrin-Sophie Batz, darüber hinaus ein Kunstwerk des österreichisch-französischen Künstlers und Wiener Szenegröße Olivier Hölzl (Leihgabe des Künstlers) und eine Grafik von BOICUT/Herausgeber Atelier Olschinsky (Leihgabe von Jakob Stiedl/Frontmann von Prohaska – die Band mit).
Das eingeblendete Mural auf dem über 150 Jahre alten Ankerbrot Getreidesilo im 10.Bezirk von Shepard Fairey wurde von dem Fotografen Sandro E.E. Zanzinger abgelichtet .
Danke schon gleich am Anfang meines Blogposts allen wunderbaren Künstler:innen & Leihgebern!
Doch warum geht es eigentlich bei Street Art?
Der eigentliche Wert der Street Art bzw. Murals ist die Aufwertung eines Viertels, die Verschönerung einer Stadt oder das Aufzeigen von sozialen Ungleichheiten oder gesellschaftlichen Missständen – es ist ein Geschenk an die Stadt, das Viertel, die Bewohner:innen und Besucher:innen dieser Stadt. Die Kunstwerke sollen zu einer sozialen, intellektuellen, politischen Auseinandersetzung mit bestimmten Themen führen – und dies mithilfe von ästhetischer Bildsprache. Teil dieser Bewegung gewesen zu sein, spiegelt sich auch in THE BATZ COLLECTION und teilweise auch in meiner eigenen Sammlung wieder.
Katrin-Sophie Batz/THE BATZ COLLECTION hat das Street Art Festival Cash, Cans & Candy in 2013, 2014 und 2016 kuratiert. Ich habe bei dem Festival die Dan Witz Arbeit erstanden. Das Christian Eisenberger Werk habe ich selbst “erjagt” – damals hat Eisenberger 999 Kartonwerke in ganz Wien verteilt und ich habe eines davon ergattert. Dieses Kunstwerk oder “found art” Stück ist heute einen fünfstelligen Eurobetrag wert.
Unterschied Graffiti und Street Art
In der Sendung haben wir nur Street Art Kunstwerke gezeigt. Graffiti Writers arbeiten weniger kommerziell und sind mehr auf den Fame in ihrer Subkultur fokussiert, in der breiten Öffentlichkeit genießen sie ihre Anonymität, um sich mit keinen legalen Konsequenzen auseinandersetzen zu müssen.
Wien als Street Art Hotspot
Wien ist mittlerweile auch ein beliebter Spot für nationale und internationale Street Art Künstler. Das BLK River Festival hat den Weg geebnet für Pioniere wie die Inoperable Gallery bis zum Cash, Cans & Candy Festival bis hin zum aktuellen Platzhirschen Calle Libre Festival.
Am Donaukanal kann man sich ohne Probleme auf der Wiener Wand verewigen aber auch auf dem Rest des Kanals wird Street Art und Graffiti nicht mehr als Vandalismus gesehen, sondern ist Teil der Verschönerung der Stadt.
Ein paar Zeilen zu den Künstler:innen
Der über 60 Jahre alte Dan Witz aus NYC (Street Art ist nicht nur eine Jugendbewegung, mittlerweile sind die Pioniere nicht mehr am Leben oder eben zwischen 60 bis 80 Jahre alt) thematisiert (in Kollaboration mit Amnesty International) in dem von mir mitgebrachten Bild das Schicksal von acht Menschenrechtsaktivist:innen, die hinter Gittern sitzen oder verfolgt werden.
Christian Eisenbergers Aktion habe ich kurz vorher angesprochen. Seine Arbeitsweise ist geprägt von Zügellosigkeit, Arbeitslust, Tempo und Zufall. Durch stetige Repetition entstehen ständig neue Serien. Bei aller Abstraktion bleibt der Mensch ein immer wiederkehrendes Motiv. Auch er thematisiert in seinem Werk ein Konfliktthema und zeigt Terroristen wie Osama Bin Laden oder auch Che Guevara, der natürlich von vielen auch bis heute als Held gefeiert wird. Shepard Fairey aus LA/USA ist neben BANKSY (UK) und RETNA (LA/USA) einer der bekanntesten Vertreter der internationalen Street Art. Weltweit berühmt gemacht hat ihn 2008 ein Poster von Barack Obama, das den damaligen Präsidentschaftskandidaten im typischen Schablonen-Stil (Stencil Style) zeigt, nachdenklich, aber unbeugsam, in den US-Nationalfarben. Unter dem Porträt stand das Wort “Hope” (oder auch “Change”). Ich hatte eine unterschriebene Einladungskarte, Katrin-Sophie Batz gewidmet, mit, so wie ein Foto seines Murals von Exithamster (viele Street Art Fotografen sind selbst angesehene Künstler wie die US-amerikanische Szenegröße Martha Cooper), so wie zwei Grafiken, wobei eine davon den Getreidesilo im 10. Bezirk und das Mural Commanda zeigt (seine Frau heißt Amanda, go figure!), die andere hat seine typische Mandala Bildsprache und Andre The Giant als Symbol.
Er kreierte anlässlich des Ukraine Krieges ein NFT, wobei der gesamte Gewinn an NGOs gehen soll, die in der Ukraine helfen.
Die Arbeit des österreichisch- französischen Künstler Olivier Hölzl ist auch passend zur aktuellen Thematik. Mit Stencils auf Papier mit Spraypaint aufgetragen zeigt es einen Soldatenfriedhof. Normalerweise sind figurale Elemente Thema des Künstlers, hier sind auch Menschen abgebildet, nur unter der Erde. Dieses Gefühl von Uniformität und Tristesse trifft den heutigen Zeitgeist.
Und- es gibt ja nicht nur Street Art Künstler, sondern auch Street Art Künstlerinnen, ganz wichtig, diese auch vor den Vorhang zu holen. Faith47 und Vasilena Gankovska haben mit ihren fragilen Arbeiten (Faith47 mit einer berührenden Zeichnung und Vasilena Gankovska mit einer spannenden Keramikarbeit) poetische Töne getroffen. Bei Faith47 gibt es eine Sehnsucht nach einer tieferen Verbindung zur Natur, den Tieren und einer Auferstehung des göttlichen Weiblichen. Es gibt auch die aktive Untersuchung und Hinterfragung des menschlichen Zustands, seiner abweichenden Geschichte und unserer eigenen inhärenten existentiellen Suche. All dies trägt dazu bei, dass ihre Erzählungen Ebbe und Flut zwischen Schmerz und Kontemplation durchdringen und uns anflehen, unseren Platz in der Welt zu hinterfragen. Wäre die Welt eine bessere, wenn wir uns mehr auf unsere Beziehung zur Natur konzentrieren würden? Vasilena Gankovska thematisiert in dieser Arbeit – gebrochene dann gekittete Keramik (deshalb “fragile”) hinter Plexiglas die Fragilität der Kunst, des Kunstmarktes, des Künstler Daseins und der Gesellschaft an sich. Die Arbeit stammt aus einer ganzen Serie in der es sogar eine Tattoo Edition gibt. Mehrere Besucher des Cash, Cans & Candy Festivals haben sich dieses permanent auf z.B. Nacken, Knöchel, Handgelenk, Rücken tätowieren lassen. Es geht natürlich auch um die Absurdität von manchen Kunstwerken siehe Duchamp oder wie der Künstler Maurizio Cattelan eine Banane an die Wand auf der Art Basel Miami getaped hat und es KUNST für 120.000 USD genannt hat.
Street Art: Von der Subkultur zum Mainstream
Was einst in Philly oder New York City vor allem in der Bronx und Brooklyn in der Subkultur außerhalb oder am Rande der Legalität als provokante Meinungsäußerung im öffentlichen Raum begann, zeigt sich heute in renommierten Galerien, Auktionshäusern, Messen und Museen auf der Welt. Das Spotlight, das Street Art Künstler scheuten ist mittlerweile zum MUST DO geworden. Darüber hinaus erzielt Street Art unglaubliche Preise auf den verschiedenen Verkaufsplattformen . Die meisten Künstler:innen in diesem Bereich suchen jedoch trotzdem den Bezug zur Straße. Während Cash, Cans & Candy 2013 wurde der Silo der Ankerbrotfabrik von Shepard Fairey, Faith47 und dem New Yorker Künstlerduo FAILE großflächig bemalt. Am Tel Aviv Beach des Donaukanals schuf Alexis Díaz ein wunderbares Mural (eines Donaufisches, der Künstler aus Puerto Rico recherchiert immer die lokale Flora, Fauna und Tierwelt und thematisiert diese dann in seinen Wandmalereien). Sogar die Fassade des ehrwürdigen Theresianums bemalte er (diesmal kam ein Rabe zum Zug), neben vielen anderen nationalen wie nationalen Größen und vielen weiteren Murals, viele die heute auch noch erhalten sind.
Kurze Bemerkung zu den Wertigkeiten – es ist wirklich für jede/n etwas dabei – von Grafiken, die bei manchmal sogar erst 50 Euro beginnen bis hin zu wahnsinnig hohen Summen, wie beispielsweise Banksys letztes Auktionsergebnis von über 25 Millionen US Dollar.
Der berühmteste und teuerste Street Artist aller Zeiten, Banksy, thematisiert Konflikte, Kriege, Umweltthemen, soziale Imbalance in seinen Arbeiten im Außen- und Innenbereich – immer am Puls der Zeit, immer mit dem Finger in der sprichwörtlichen Wunde. Banksy Ein Beispiel: Banksy ein bereits existierendes Bild aufgenommen – in diesem Fall ein ikonisches Foto aus Vietnam im Jahr 1972, von einem Mädchen – Kim Phuc –, das vor einem Napalm-Angriff auf ihr Dorf flieht. Das Originalfoto mit rennenden und weinenden Kindern wurde von Nick Ut aufgenommen und hat sich zu einer Kurzform für die Gräueltaten des Krieges entwickelt. Banksy hat das Bild des Mädchens isoliert und mit Micky Maus und Ronald McDonald flankiert – zwei familienfreundliche Gesichter des amerikanischen Kapitalismus. Der Künstler, der dafür bekannt ist, militärische Konflikte zu thematisieren, sagte: „Die größten Verbrechen der Welt werden nicht von Menschen begangen, die gegen die Regeln verstoßen, sondern von Menschen, die sich an die Regeln halten. Es sind Menschen, die Befehle befolgen, die Bomben abwerfen und Dörfer massakrieren.“
Street Art hat sowohl eine vergängliche Qualität als auch eine dauerhafte Kraft vor allem als Zeichen für Hoffnung in Zeichen von Konflikten und Kriegen. Viele Street Artists beschäftigen sich mit ernsthaften sozialen Problemen – von sozialen Ungleichheiten bis hin zu militärischen Konflikten und beziehen Stellung.
Nun zur aktuellen Situation in der Ukraine
Während der Krieg in der Ukraine andauert, nutzen immer mehr Künstler ihre Kreativität, um zum Frieden aufzurufen. Dazu gehören Straßenkünstler, die ihre Standpunkte öffentlich machen, indem sie ihre Antikriegsbotschaften für alle sichtbar an Wänden anbringen. Viele dieser Künstler haben direkte Erfahrungen mit dem Malen in der Ukraine. Kiew ist besonders reich an Wandgemälden, von denen seit 2014 über 160 gemalt wurden. Viele der Straßenkünstler, die dort Zeit mit Malen verbracht und sich mit der lokalen Gemeinschaft beschäftigt haben, machen bekannt, dass sie gegen den Angriffskrieg sind und versehen ihre Murals und Social Media Posts mit dem Hashtag “#standwithukraine”.
Ein Mural, das mir bei der Recherche zum Street Art Thema besonders ins Auge gestochen ist und mich zutiefst berührt hat: Der französische Künstler Seth Globepainter schuf ein Mural, das von den Kindern inspiriert sei, die er beim Malen im Donbass getroffen habe. In seinem Stück schwenkt ein junges Mädchen mit Blumenkrone stolz die ukrainische Flagge, während es auf russische Panzer tritt. Er hat das Stück auch einem ukrainischen Freund gewidmet, der sich noch in Kiew aufhält.
Aber ich will den Mut der russischen Bevölkerung an dieser Stelle nicht unerwähnt lassen. Auch wenn dies eher jetzt in die Kategorie revoltierende Street Performance fällt und nicht direkt der Street Art zuzuordnen ist – eine junge Frau hat in Moskau ein Schild hochgehalten auf dem Stand “Zwei Worte” (statt “Kein Krieg”, da dies ja der Zensur zum Opfer gefallen ist) – aber selbst sie wurde kurzerhand von der russischen Riot Police mitgenommen. Sich gegen ein totalitäres Regime in diesen Zeiten zur Wehr setzen, obwohl die Konsequenzen mehr als trist sind, wie wir ja schon von den Pussy Riots wissen, diesen Menschen gebührt mein tiefster Respekt, so wie der gesamten ukrainischen Bevölkerung. Ein weiterer Aktionismus Stunt fand am Tag der Sendung im russischen Nationalfernsehen statt. Marina Ovsyannikova, eine Mitarbeiterin des Perwy Kanals (der wichtigste russische Sender und ein integraler Teil für die Kreml Propaganda Maschine), die ihre Protestaktion zuvor in sozialen Netzwerken angekündigt hat, wie der Kurier berichtet. “Das, was in der Ukraine passiert, ist ein Verbrechen, sagt sie in einem Video. “Und die Verantwortung für diese Aktion liegt allein bei Wladimir Putin.” Weiter sagt sie: “Mein Vater ist Ukrainer, meine Mutter ist Russin, und sie waren niemals Feinde. beschäftigt. (Hier der Link zum Kurier Artikel. Hier auch ein guter Der Standard Artikel).
Wie eine derzeit oft verwendete journalistische Weisheit besagt “Die Wahrheit stirbt im Krieg zuerst”, möchte ich dagegen halten „Aber die Hoffnung stirbt zuletzt“!
https://www.stein.wien/wp-content/uploads/275781044_715053173209867_704181164478295862_n.jpg11702532Katrinhttps://www.stein.wien/wp-content/uploads/logo-christof-stein-wien.pngKatrin2022-03-16 21:14:442022-04-05 13:29:03Studio 2 - Experte Christof Stein spricht über: Street Art
Als ich mich mit dem aktuellen Sendungsthema “Puppenfiguren und Kasperl” beschäftigt hatte, stand der Faschingsmontag und Faschingsdienstag im Fokus.
Aufgrund der aktuellen Lage ist wohl jede Form von Fröhlichkeit unangebracht (außer für Kinder natürlich!) und daher wendete ich mich dann in der Sendung einem Teilsegment zu, welches sehr selten beleuchtet wird.
In vielen Kriegen hatte das Puppenspiel eine ganz wichtige Funktion: Propaganda und Motivation der Soldaten/des Volkes. Das Puppenspiel war seit seinen Anfängen in der Antike eigentlich immer für ein erwachsenes Publikum gedacht. Dies änderte sich mit der Zeit, wie wir wissen, aber dazu erst später.
Bevor wir uns jedoch der brandaktuellen Thematik Krieg und dessen Verbindung mit dem Puppentheater widmen, möchte ich vorab noch einen kurzen historischen Abriss darstellen:
Eine Ersterwähnung des Handpuppenspiels gab es in Frankreich im Jahr 1211. 1340 gab es die erste Notiz über eine Bezahlung eines Handpuppenspielers. Durch fahrende Spielleute fand diese Art von Theater seine Verbreitung. In der Renaissance stand mechanisches Theater im Fokus so wie die Animation von Figuren in Kästen beziehungsweise Vitrinen, ab 1510 wurden hauptsächlich religiöse Stoffe gespielt wie die Passion Christi oder die biblische Weihnachtsgeschichte. Ab 1666 gibt Pietro Agismondi (heutiges Italien) Vorstellungen in Deutschland. 1708 gibt es in Wien den Marionettenprinzipal Joseph Anton Stranitzky, der dem Publikum den Charakter “Hans Wurst” vorstellte, aus dem sich später dann der Kasperl entwickelte. Später kam dann der Versuch das Theater ortsansässig zu machen und keine Wandertheater mehr zu unterstützen. Zu dieser Zeit gilt das Puppenspiel als das „Theater der unteren Volksklassen“. In der Romantik schreiben namhafte Autoren Stücke für das Puppentheater, wodurch es eine gesellschaftliche Aufwertung erfährt. Das Schattenspiel findet ab 1780 seinen Weg über Italien nach Deutschland und Puppenspiele avancieren zum Entertainment der Oberschicht, mit der Ausnahme des Automatentheater.
Dann folgt jedoch im 19. Jahrhundert eine Zensur der professionellen Marionettenbühnen: Improvisation wird unter Strafe gestellt, das Repertoire wird reduziert, es soll keine anstößigen Stellen mehr geben, das Marionettenspiel verliert politisch-oppositionellen kritischen Charakter. Aber gottseidank gibt es zumindest eine Existenzsicherung durch lebenslang erteilte Lizenzen.
Nun noch zur Hauptfigur Kasper: Entwickelt vom neapoletanischen Pulcinella, deshalb auch die übergroße Nase. Der Kasperl trägt üblicherweise eine rote Zipfelmütze, ein Harlekin Kleid und hatte immer ein Züchtigungsinstrument – eine Klatsche – bei sich. In vielen Ländern gab oder gibt es vergleichbare Figuren:Mr. Punch (England), Guignol (Frankreich), Jan Klaassen (Niederlande),Mester Jakel (Dänemark), Fasulis (Griechenland) und Petruschka (Russland – mit Pfeife) u.v.a.
Zurück zu meinem Studio2 Sendungsbeitrag: Ich hatte auch verschiedene Puppen aus dem asiatischen Raum mit. Martin merkte an, dass diese schon auf den ersten Blick teuer aussehen. Um 1920, Holz geschnitzt, Charakterköpfe, bei einer Wertigkeit um 2000 Euro, ich hatte auch Puppen aus Burma und dem Balinesisch-Indonesischem Bereich mit, so wie Puppen aus dem Schattenspielsegment.
Kurze Bemerkung am Rande: Marionette heißt übrigens der kleine Mensch. Einfach großartig, oder?
Die beiden Puppen Spejbl und Hurvínek (aus Tschechien) die philosophisch das Leben erklären, habe ich mir, wie auch die anderen Puppen, vom HE-LO Theater und Puppenmuseum ausgeborgt, die über Generationen das Publikum in Korneuburg begeistert haben und nun nach jemandem suchen, der das Museum betreiben möchte. Kern der meisten Spejbl und Hurvínek Stücke sind die Dialoge zwischen dem Vater Spejbl, der oft von sich und seinem Wissen sehr überzeugt ist, und Sohn Hurvínek, der das Können des Vaters infrage stellt.. Die Stücke sind eine Mischung aus groteskem Humor und Alltagssatire. Spejbl und Hurvínek wurden vom Prager Marionettentheater Spejbl und Hurvínek weltweit in 31 Ländern und insgesamt 21 Sprachen aufgeführt.
Nun zurück zum ursprünglichen Link zwischen Krieg und dem Puppentheater, aus dem leider sehr traurigen Anlass:
Öffentlich wichtig für Kriegspropaganda: bereits um 1900 traten im deutsch-österreichischen Raum immer mehr franzosenfeindliche Kasperltheaterstücke auf, welche ihren geschichtspolitischen Ursprung in den politischen und kriegerischen Auseinandersetzungen mit Frankreich, vor allem um das Elsass-Gebiet im 19. Jahrhundert hatten.
Sowohl im ersten als auch im zweiten Weltkrieg waren an der Front Puppenbühnen und Puppenspieler Teil des Geschehens. Die Nationalsozialisten haben die jüdischen Puppentheater geschlossen und somit eine weitere Zensur geschaffen. Das nationales Puppentheater hingegen wird sehr gefördert, um die NS-Propaganda auch im Puppenspiel zu verbreiten, zum Einsatz kam dies auch an der Front.
Kinder werden erst Mitte des 19. Jahrhunderts auch als Publikum entdeckt, bis dahin waren immer nur Erwachsene das Zielpublikum. Das Puppenspiel war Teil der pädagogischen Vermittlung und Inhalte. Kasper lebt in einer Welt in der gute Taten belohnt werden und schlechte leicht bestraft werden. Das künstlerisches Handpuppenspiel bekommt neue Plattformen: Radio, Schulen, Kindergärten, Verbände, sozialpädagogische Einrichtungen, Film. Kasperl & Pezi wird im ORF seit 1957 regelmäßig ausgestrahlt und ist somit die älteste Fernseh-Kasperl-Puppenbühne.
Die Puppen, die unter die Kategorie “gut” fallen sind Petzi, Großmutter und Gretel und “böse” sind wohl die Hexe, der Räuber und das Krokodil. Diese beiden Kategorien werden einander immer gegenübergestellt – Kasperl hat in Wirklichkeit von beiden Kategorien etwas, wie eben ein ganz normaler Durchschnittsmensch.
Abschließend ist zu sagen: Sammler:innen von Bühnenpuppen gibt es auf der ganzen Welt. In Österreich zählt André Heller zu den größten Fans des Puppenspiels und ist Besitzer der Urania Puppenbühne.
Ich hatte natürlich auch eine Krokodilhandpuppe (das Krokodil als Ersatzdrache) mit. Wer im aktuellen Konflikt für das Krokodil steht, liegt wohl auf der „Hand“ und kann sich jede/r selbst beantworten…
Die Tage werden länger, das Licht wieder klarer, die beste Zeit um dies mit dem Fotoapparat festzuhalten.
Analog ist wieder im Kommen, da gigantomanische Dateien in der Digitalfotografie nicht die Lösung sind den Moment für die entferntere Zukunft festzuhalten.
Dieses Thema hab ich heute mit Norbert Oberhauser “belichet”, ähm beleuchtet 😉
Eine kleine kurze aber feine Geschichte der Fotografie als Intro. Wenn man es genau nimmt beginnt die Geschichte der Fotografie mit der Laterna magica (lateinisch für „Zauberlaterne“) – einem Projektionsgerät, das vom 17. bis ins 20. Jahrhundert hinein in ganz Europa verbreitet war und sich im 19. Jahrhundert durch die industrielle Revolution in ein Massenmedium entwickelte. Die Laterna magica ist eine Projektionsvorrichtung, die nach dem umgekehrten optischen Prinzip der Camera obscura funktioniert: Es handelt sich um einen Kasten mit einer Öffnung, in dem sich eine Lichtquelle befindet – im 17. Jahrhundert zunächst eine schlichte Kerze, später eine elektrische Bogenlampe. Goethes tragbare Camera obscura, um 1800 wurde die Camera Obscura Dunkelkammer vermutlich von Battista della Porta erfunden – war Menschen aber theoretisch seit Jahrhunderten schon bekannt. Die Chinesen schrieben bereits im 4. Jahrhundert v. Chr. über dieses Prinzip (auch wenn dann die Fotografie erst in den 1850er Jahren durch europäische Fotografen Verbreitung in China fand) und wurde sogar von Leonardo da Vinci beschrieben und das im 15. Jahrhundert. In der Mitte des 17. Jahrhunderts war Camera Obscura ein Raum in einem Haus, dann um 1650 kleinere Ausführungen, die sich als Schachtel tragen ließen. Von der Nassplattenfotografie über Trockene Platten zur Gründung der Firma Kodak 1880 wo Eastman flexiblen Rollfilm entwickelte, der keinen Wechsel der massiven Platten erforderte. Der Anwender machte Fotos und schickte die Kamera anschließend beim Hersteller ein, wo der Film entwickelt wurde. Dies war die erste Kamera, die für den Durchschnittsbürger erschwinglich war.
1930 begannen Henri-Cartier Bresson und andere Fotografen, mit kleinen 35mm-Kameras Bilder aus dem “echten Leben” zu “schießen” dadurch gab es im Zweite Weltkrieg eine bebilderte Berichterstattung.
In den späten 1970er und frühen 1980er Jahren wurden Kompaktkameras entwickelt. Das digitale Zeitalter begann in den 1980er und 1990er Jahren als zahlreiche Hersteller an Kameras arbeiteten, die Bilder elektronisch speicherten. 1991 hat Kodak dann die erste Digitalkamera entwickelt. In den frühen 2000ern hat es die erste Kamera in ein Handy geschafft. Die Qualität war damals noch eher zu bemängeln, da viel zu pixelig. In nur rund 15 Jahren ist diese schwache Bildqualität zu einer beinahe vollwertigen Kamera in einigen Smartphones geworden. Trotzdem zeichnet sich gerade wieder der Trend Rückkehr zum Analogen ab, aber dazu später mehr.
Nun zu den Kameras, den Objekten mit Geschichte und Objekte der Begierde für Sammler:innen und die ich mit in der Sendung hatte:
Die erste Kamera, die Susse Frère Daguerrréotype (Kupferplatte wurde mit Silber beschichtet und Joddampf ausgesetzt, dann mind. 15 min Lichteinwirkung), die ich vorstellte, war die erste österreichische Kamera (!) und aus 1839/40 basierend auf einem Entwurf der französischen Brüdern Susse Frère ( die Kamera entspricht Daguerres Entwurf von 1839, nur in halber Größe ). Das war zur Metternich Zeit als der Kanzler eine Delegation nach Frankreich geschickt hatte. Das Objekt ist eine Schiebekastenkamera (Camera Obscura) mit einem Objektiv von Prokesch. Sie ist die einzig bekannte Kamera, die erst kürzlich entdeckt wurde und auch ein Beweis dafür, wie früh in Österreich Kameras gebaut wurden. Gerade deshalb hat diese Kamera eine Wertigkeit von unglaublichen 100.000 Euro.
Norbert hat aber den Sendungsbeitrag eigentlich gleich begonnen, indem er ein Foto von mir schießen wollte – mit der legendären Kamera Leica M3 mit 90 mm Objektiv für Porträts (Objekt Numero 2 im Sendungsverlauf) des österreichischen Fotografen Franz Hubmann (der sogenannte österreichische Cartier-Bresson). 1954 gründete er mit Karl Pawek gemeinsam magnum – die Zeitschrift für das moderne Leben. Hubmanns Fotoserien, wie zum Beispiel über das Café Hawelka, waren sein Durchbruch als Fotograf.
Das dritte Objekt mit Geschichte war dann ein Leica Fake aus Russland, mit einer Wertigkeit unter Sammler:innen von “nur” 300 Euro.
Die wunderbare Goldmann Kamera war eine österreichische Portraitkamera im Fotostudio, wie man sich das so klassisch vorstellt die mehrköpfige Familie die minutenlang still halten muss für ein gutes Ergebnis. Um 1910 für Negative 24x24cm, die dann im Kontaktverfahren belichtet wurden, mit einem besonderen Meyer Atelier-Schnellarbeiter 400mm Objektiv, der Objektivdeckel war gleichzeitig der Verschluss. Diese Kamera hat eine Wertigkeit von 6000 Euro.
Das Bond-like Objekt mit Geschichte, die Tessina Geheimkamera um 1960, die Norbert fast kurz als Armbanduhr bezeichnete war eine Spionagekamera, die auch von der ostdeutschen Stasi verwendet wurde. Wie unzählige andere Kameras, die für Geheimdienste entwickelt wurden. In der Schweiz gebaut wurde die Kamera weltweit verkauft. 1971 kam dieses Modell dann auch zum Einsatz in der Watergate Affäre und erlangte somit weltweite Berühmtheit. Die Wertigkeit liegt bei 800 Euro.
Die erste Spiegelreflexkamera von Hasselblad 1600F c.1952 (da musste mir der Kameramann aus dem Off helfen, weil ich kurz durch einen momentanen Aussetzer Unterstützung brauchte, der natürlich gleich wusste was mir auf der Zunge lag, da er stolzer Besitzer dieses Modells ist) 6 x 6 für wunderschöne Portraits und Landschaftsaufnahmen. Aus diesen Kameras wurden später die berühmten NASA Kameras entwickelt, die für die ersten spektakulären Aufnahmen der Apollo Mondmissionen verwendet wurden. Die frühen Kameras sind auch begehrte Sammlerobjekte.
Die historische “Drohne”, die Taube mit Kamera basierend auf der zeitgeschichtlichen Begebenheit, nämlich jener, dass um 1915 (während dem ersten Weltkrieg) Tauben mit Julius Neubronners Spezialkamera (er war Münchner Apotheker) bestückt wurden, um Panoramaaufnahmen der feindlichen Linien zu machen. Er entwickelte eben diesen kleinen Fotoapparat mit einem automatischen Selbstauslöser, der Tauben umgehängt werden konnte. Die Brieftauben der Apotheke Neubronners kannten die leichten Mäppchen für die Rezepte bereits und mussten nur noch an das größere Gewicht von 53 Gramm der Kamera gewöhnt werden. Ein absolutes Highlight im Westlicht, wie auch die erste österreichische Kamera (obwohl einfach alle Schaustücke des Westlichts spannend sind). Da diese Tauben, wie man sich vorstellen kann, oft abgeschossen wurden, ergibt sich dadurch eine absolute Seltenheit und auch ein Wert von 40.000 Euro.
Abschließend sei gesagt (wie auch vorher erwähnt): Der Trend ist nun aber, dass die Jugend wieder analog fotografiert. Die Antizipation, das Warten auf das Entwickeln der Fotos ist wieder spannend geworden. Meine Sohn ist 20 und er und seine Freunde machen das derzeit mit voller Passion, und das ist einfach eine schöne Geschichte.
Bitte auch nachstehend das wunderbare Foto von unserer Kurzzeit-Kanzlerin Bierlein beachten, geschossen von keinem Geringeren als Peter Coeln (Westlicht – Schauplatz für Fotografie), dem Leihgeber für die heutige Sendung.
Heute habe ich im Studio2 einen unglaublichen Trend, der aus Chicago, Detroit, New York City zu uns rüber schwappt, vorgestellt— schon lang in London und vor allem Südfrankreich etabliert, wo es natürlich seit geraumer Zeit schon zig coole Vintage Industriedesign Geschäfte gibt. INDUSTRIEEINRICHTUNG – Möbel und Objekte mit spannender Geschichte…
Durch die Dampfmaschine gab es Fabriken und dadurch Industriemöbel – Möbel und Objekte mit Geschichte aus renommierten alten Fabriken habe ich heute in der Sendung präsentiert.
1764 erhielt James Watt als Universitätsmechaniker den Auftrag, das Modell einer Dampfmaschine nach der Bauart von Thomas Newcomen zu reparieren. Er verbesserte den Wirkungsgrades der Dampfmaschine durch Verlagerung des Kondensationsprozesses aus dem Zylinder in einen separaten Kondensator und gilt heute quasi als Erfinder der Dampfmaschine. So oder so, er hat den Weg für das Industriedesign geebnet.
Der lackierte Werkzeugkasten aus der Jolly Buntstifte Fabrik der Familie Urban war das erste Objekt, das ich vorgestellt hatte – ein ehemaliger Werkzeugkasten umfunktioniert zu einem wunderschönen Küchenblock, der auch einfach individuell ist. Man braucht zwei Menschen, um diesen überhaupt heben zu können. Heute mit Arbeitsplatte aus Eiche versehen, auf welcher man beispielsweise ein Baguette schneiden kann und unten drunter dann das Geschirr verstauen kann. Ein Werkzeugkasten als stylischer Einrichtungsgegenstand für kreative Kunstschaffende. Norbert Oberhauser war ganz von den Socken.
Und nun ist es traurige Tatsache, dass selbst große Möbelhäuser auf den Trend aufspringen und Industriemöbel billig, im nostalgischen Stil nachgebaut, verkaufen, die nie eine alte Fabrik von innen gesehen haben, geschweige denn mit der Qualität des Originals auch nur im Ansatz mithalten können.
Das nächste Objekt war auch aus der Jolly Fabrik, und ist auf Schienen gefahren und wurde wahrscheinlich dafür verwendet schwere Dinge zu transportieren. Heute kommt es als Bücherregal zum Einsatz. Durchaus gewollt in dem shabby chic rostigen Stil – einfach Mut zum Original. Am besten ist es den Ist Zustand zu restaurieren um das “Urige” zu erhalten. Bei der Wertigkeit liegen wir bei 400 bis 600 Euro.
Ein ganz spezielles Stück war das französische Akkord Wagerl. Ich hab damals 60 Stück davon in Südfrankreich erstanden. Rechts angebracht war ein kleines Täfelchen, wo der Arbeiter mit Kreide seinen Namen vermerken konnte. Er musste das Wagerl dann mit einer Tagesproduktion an Schuhen füllen. Konnte er mehr produzieren, gab es ein wenig Geld extra, wurde er nicht rechtzeitig fertig, wurde es wohl eine Nachtschicht. Ich habe selbst eines dieser Wagerl als Schuhregal bei mir in der Wohnung stehen. Um die 35 Paar Schuhe gehen sich bei mir aus.
Sonst natürlich auch in anderer Funktion als wunderbarer Raumtrenner oder als ein herrliches Regal für die Stereoanlage und Bücher, oder in der Küche für Obst und Gemüse als Präsentationsfläche.
Das dritte Möbelstück war ein Sessel, Rückenlehne aus Bakelit, mit einem Sattelsitz – da kann man sich so darauf setzen, dass man keinen Bandscheibenvorfall bekommt.
Das nächste Stück war eine Werkleuchte von Peter Behrens (Wertigkeit 800 bis 1000 Euro, wenn in gutem Zustand), der als erster Corporate Identity für AEG gemacht hat.
Ein kleiner Exkurs: Peter Behrens (* 14. April 1868 in Hamburg; † 27. Februar 1940 in Berlin) war ein deutscher Architekt, Maler, Designer und Typograf, der als Pionier des modernen Industriedesigns gilt. Würde er sehen was heutzutage an Fake Industriedesign Möbeln und Objekte ihr Unwesen treiben, er würde es kaum aushalten….Behrens war ursprünglich Künstler, wurde dann als Architekt vor dem Ersten Weltkrieg zum Vorreiter der sachlichen Architektur und des Industriedesigns. Er ist insbesondere bekannt als Mitbegründer des Deutschen Werkbundes und durch seine umfassende gestalterische Tätigkeit für die AEG vor dem Ersten Weltkrieg.
AEG ist heute eine Marke für Elektrogeräte des Unternehmens Electrolux. Sie geht zurück auf den 1996 aufgelösten Elektronik-Konzern AEG., Das 1883 in Berlingegründete und im Jahr 1888 in Allgemeine Elektricitäts-Gesellschaft umfirmierte Unternehmen stellte neben Produkten für die elektrische Energietechnik und den Haushaltsbedarf sogar beispielsweise Straßenbahnen her.
Aber nun zurück von diesem kleinen Exkurs zu unseren Objekten der Begierde und dem letzten in der Sendung vorgestellten Objekt mit Geschichte:
Der Haltegriff aus einer Linzer Straßenbahn kann heute als Garderobe oder als Handlauf in einem Treppenhaus eingesetzt werden. Man kann aus diesen alten und schönen Industrieobjekten etwas Neues entstehen lassen, ihnen eine neue Funktion geben.
Apropos Linz, Tabakfabrik Linz: Die von Designer Peter Behrens entworfene denkmalgeschützte Industrieanlage war der erste Stahlskelettbau Österreichs im Stil der Neuen Sachlichkeit. Sie ist architekturgeschichtlich von internationaler Bedeutung und derzeit ist dort das Kommissariat von Julia Stembergers Soko Linz zu finden.
Was für Geschichten Möbel erzählen können…man muss nur genau hinsehen und auch gut zuhören. Was für ein Genuss!
1000 Dank & Mille Baci an die Leihgeberin Nicoletta Monaco von WOHN.ART.WiEN.
https://www.stein.wien/wp-content/uploads/273957734_696794355035749_1809918918734482078_n.jpg11702532Katrinhttps://www.stein.wien/wp-content/uploads/logo-christof-stein-wien.pngKatrin2022-02-15 19:26:432022-04-09 00:54:52Studio 2 - Experte Christof Stein spricht über: Möbel und Objekte mit Geschichte - Industrieeinrichtung